ERSCHIESSUNG
VON KOMMANDOTRUPPS
UND PARTISANEN
KOMMANDOBEFEHL | |||
FRANKTON | TOFTEFJORD | KOPERVIK | MTB 345 |
Die Schilderung der Einzelfälle
18.10.1942
Deutschland
In Zusammenhang mit der "Partisanen"-Bekämpfung an der Ostfront
steht der Erlaß Hitlers über die Vernichtung von Terror- und Sabotagetrupps
- kurz "Kommando-Befehl" genannt - vom 18. Oktober 1942. Kommentarlos
hat das OKM diesen Befehl Ende Oktober an alle nachgeordneten Dienststellen
weiter geleitet. Nach einem erfolgreichen britschen Kommandounternehmen gegen
die in Bordeaux liegenden Blockadebrecher im Dezember 1942 (Op.
»Frankton«) bemüht sich die über die Anwendung des Kommandobefehls zunächst
wohl irritierte Seekriegsleitung ab Februar 1943 aber doch darum "sicherzustellen,
daß über die Behandlung von Kommandotrupps bei allen daran interessierten Stellen
volle Klarheit besteht". Mangelnde Klarheit scheint vor allem im Bereich
des Wehrmachtsbefehlshabers Norwegen nicht bestanden zu haben. Dort häuften
sich ab Anfang 1943 alliierte Kommando-Unternehmen, die mit Schnellbooten und
Fischkuttern über See vorgetragen wurden und die zerklüfteten Küstenlinien Norwegens
geschickt für sich ausnutzten (siehe dazu 1,
2,
3,
4).—
Vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg werden die beiden
Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Raeder und Dönitz, wegen Weitergabe
und Durchführung des "Kommandobefehls" im Sinne des dritten Anklagepunktes
("Begehen von Kriegsverbrechen") 1946 für schuldig erklärt und verurteilt.
(Heinz-Ludger
Borgert)
8.12.1942
Frankreich
An der französischen Gironde-Mündung werden zwei englische Soldaten gefangen
genommen. Bei ihrer Vernehmung stellt sich heraus, daß sie offensichtlich Angehörige
eines "gescheiterten" Kommandotrupps waren (siehe
Einzelheiten). Der Marinebefehlshaber Westfrankreich, Admiral Bachmann,
läßt sie am 11.12.42 entsprechend dem Kommandobefehl des Führers (siehe
18.10.42) erschießen. Das KTB der SKL kommentiert am 9.12.43: "Nach
Wehrmachtsgericht sind beide Soldaten inzwischen erschossen worden. Maßnahme
würde dem besonderen Befehl des Führers entsprechen, bildet jedoch, da die Soldaten
Uniform trugen, ein völkerrechtliches Novum." Die Hinrichtung von Soldaten
in Uniform ist auch durch ihre Teilnahme an einem Kommandounternehmen völkerrechtlich
nicht zu rechtfertigen. (Heinz-Ludger
Borgert)
Ende März 1943
Norwegen
Unter Befehl des Admirals Polarküste bringt ein deutsches Räumboot im Toftefjord
einen norwegischen Kutter auf. Der Wehrmachtbericht meldet am 6.4.43: "In
Nordnorwegen wurde ein feindlicher Sabotagetrupp bei Annäherung an die Küste
zum Kampf gestellt und vernichtet." In Wahrheit wurde - wie es später in
einer Notiz des Wehrmachtsführungsstabes heißt - "der Führerbefehl durch
S.D. vollzogen". (Heinz-Ludger
Borgert)
Anfang Mai 1943
Norwegen
Im Hafen Kopervik erfolgt ein Sprengstoffanschlag auf einen deutsches Minensuchboot.
Wenige Tage später nimmt ein Suchtrupp des Hafenkommandanten Haugesund Teile
des englischen "Sabotagetrupps" auf der Inselgruppe Urter gefangen.
Nach Abschluß der Vernehmungen übergibt die zuständige Dienststelle beim Admiral
der norwegischen Westküste die Gefangenen "weisungsgemäß an den S.D."
(Heinz-Ludger
Borgert).
27.7.1943
Norwegen
Unter der persönlichen Führung des Kommandierenden Admirals der norwegischen
Westküste, Admiral Otto von Schrader (RK), wird das norwegisch bemannte Schnellboot
MTB 345 aufgebracht. Obwohl keine Zweifel darüber bestehen, daß die Besatzungsangehörigen
als Kriegsgefangene anzusehen simd, läßt Admiral von Schrader sie gemäß "Kommandobefehl"
dem S.D. übergeben und erschießen. Admiral von Schrader nimmt sich am 19.7.1945
in Bergen selbst das Leben. (Heinz-Ludger
Borgert).
Literatur: Heinz-Ludger Borgert: Kriegsverbrechen in der Kriegsmarine. In: Wolfram Wette / Gerd Ueberschär (Hg.): Kriegsverbrechen im 20. Jahrhundert. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2001, S.309-323 |