Chronik des Seekrieges
Miszellen
15.21.6.1944
Ostsee

Sowjet. Angriff gegen die der karelischen Landenge vorgelagerten Inseln. Bei einem Angriff sowjetischer Torpedokutter unter Kpt. 2 .Rg. Osipov geht das dtsch Torpedoboot T 31 verloren.

Klaus Fischer schreibt (24. Nov. 2003):
Klaus-O.Fischer(at)T-Online.de


Sehr geehrter Herr Weis.
Bezüglich des Untergangs von T 31 in der Nacht des 19./20. Juni 1944, also exakt am 20.06.1944, 0.03 Uhr früh auf 60°, 16,4 Nord/ 27°, 56,4 Ost, ca. 1,5 Seemeilen nordöstlich der Insel Narvi (auch: Narwi/Narwa/Nerva). Zwei russische Torpedokutter des Typs D-3 kamen in günstiger Position zum Torpedoschuss. Zwei Torpedos trafen das Flottentorpedoboot T 31 bei fast AK mittschiffs zwischen Kessel 1 und 2. Das Boot wurde in zwei Teile zerrissen und sank nach kürzester Zeit.

Quelle: Heinrich Emde, Bochum (Telefongespräch vom 12.11.1998) war Steuermannsmaat auf T 31 am Tag des Untergangs.

Die russischen Torpedokutter waren TK-37 (Oberleutnant zur See Toronenko) und TK-60 (Leutnant Buschuew). Der Befehlshaber dieser Torpedokuttereinheit war der Kapitän 2.Ranges S.A. Osipow. Diese Einheit gehörte zu einer Deckungsgruppe von Schnellbooten, welche die Besetzung der Insel Narvi sichern sollte. Die deutsch/finnischen Streitkräfte wußten von der Besetzung durch russische Streitkräfte nichts. Nach dem Untergang von T 31 waren u.a. Boote des Oberleutnant Wasiljew und Oberleutnant Tworogow
an der Untergangsstelle. Vier Gefangene wurden gemacht und nach Russland in Kriegsgefangenschaft gebracht.

Quelle: Buchveröffentlichung von I.E. Komarow, "Apofeos Katernikow. Morskaja Starina 3"

Die an der Untergangsstelle von T 31 treibenden Überlebenden wurden durch die sich einnebelnden Torpedokutter der baltischen Rotbannerflotte wie folgt "behandelt": Die russischen Boote fuhren ohne Rücksicht und mit Absicht über die im Wasser treibenden
Seeleute. Besatzungsmitglieder der russischen Torpedokutter zogen Überlebende aus dem Wasser, erschossen die Schiffbrüchigen und warfen sie wieder ins Wasser. Dieselben russischen Besatzungsmitglieder veranstalteten regelrechtes Zielschiessen auf die im Wasser treibenden Seeleute. Die Hilflosen wurden dadurch getötet oder verletzt. Ein an Bord gezogener deutscher Überlebender soll
mit der Waffe an der Schläfe gezwungen worden sein, auf seine im Wasser treibenden Kameraden zu schiessen. Von den in Gefangenschaft geratenen deutschen Besatzungsmitglieder kam nur ein einziger schwer gezeichnet zurück.

Quelle: Heinz Siegert, Flensburg (Telefongespräch vom 01.09.1996) war Bootsmann auf T 31 am Tag des Untergangs.
Die Aussagen der von mir Befragten deckten sich im wesentlichen. Bezüglich der unmenschlichen Behandlung die ihnen als Schiffbrüchige wiederfuhr, waren die ehemaligen T 31er jetzt noch erzürnt.

Weitere Fakten: Ein Teil der Besatzung wurde von finnischen Schnellbooten an der Untergangsstelle gerettet. Weitere Überlebende trieben bis zu sechs Stunden im Wasser, auch Heinrich Emde. Diese Seeleute wurden dann noch von den Finnen gerettet. 56 (oder 58) Mann kamen als Gerettete in Swinemünde an, von ca. 190 Mann Besatzung. Zur genauen Besatzungsstärke am Tag des Untergangs könnte wohl nur das KTB oder eine entsprechende "Personalliste" Aufklärung geben.

Zeugen: Beim Beginn meiner Ermittlungen ab 1996 lebten noch vier Besatzungsmitglieder von T 31. Herr Siegert aus Flensburg verstarb im November 1998. Die Kontaktaufnahme mit den ehemaligen Torpedobootsmännern verdanke ich einem Stuttgarter Buchhändler, welcher mich auf das Autorentrio Graumann/Teichmann/Harnack hinwies. Herr Graumann und Herr Teichmann waren zu der Zeit an einer Torpedobootfahrergemeinschaft beteiligt (speziell 1./2./3. Torpedobootsflottille).

Klaus Fischer schreibt (3. Jan 2004):
Klaus-O.Fischer(at)T-Online.de


Sehr geehrter Herr Weis,
leider hat sich ein Übersetzungfehler, welcher erst nachträglich entdeckt wurde, bei meinen Ermittlungen zu T 31, bzw. die Gefangennahme der deutschen Seeleute von T 31 durch russische Torpedobootsbesatzungen, eingeschlichen. Die Russen nahmen nicht vier, sondern sechs deutsche Marinesoldaten als Gefangene. Die von mir angegebene Quelle und die Ausgabe "Morskaja Kolljektsija", Nr. 6/2003, -Posljednij god wojny na Wostokie- belegen beide den Übersetzungsfehler. Ich bitte um Entschuldigung für dieses Versehen.

Quelle: Posljednij god wojny na Wostokie In: "Morskaja Kolljektsija", Nr. 6/2003

Hier noch einen Hinweis aus einem Buch über den Seekrieg in der Ostsee (Zitat S.68/69):
Einer der geretteten deutschen Seeleute sagt aus: "Die erste böse Überraschung nach dem Sinken unseres Bootes war, daß nicht unsere Kameraden von T 30, sondern die sowjetischen S-Boote als vermeintliche Retter auftauchten. Schlimmer war, daß sie ohne Rücksicht zwischen den Schwimmenden hindurchfuhren und manche sich einen Spaß daraus machten, Scheibenschießen nach unseren Köpfen zu veranstalten. Am ärgsten aber war der Anblick eines meiner Kameraden, der auf der Back eines Bootes stand und von den Sowjets mit an die Schläfe gedrückter Pistole gezwungen wurde, eine MPi auf uns andere zu richten und abzudrücken..."

Quelle: Cajus Bekker: Ostsee - deutsches Schicksal 1944/ '45. Oldenburg/Hamburg: Stalling-Verlag, Erste Ausgabe 1959
Buchabschnitt 3, Kronstädter Bucht: - Jenseits der Sperren, Seite 53 - 73. Zitat: S.68/69.
Dies ist die Originaltextpassage aus dem Buch von 1959. In allen folgenden Nachdrucken ist, soweit mir bekannt, diese Passage nicht mehr vorhanden.

Quellen: wie im Text angegeben